„Unsere Hoffnung“ – Ein Bekenntnis zum Glauben

Wer bin ich? Diese Frage muss sich auch die Kirche immer wieder stellen. Eine Antwort darauf hat die Synode in dem Dokument „Unsere Hoffnung“ versucht. Es geht um „ein Bekenntnis zum Glauben in dieser Zeit“. Die Synodalen versuchten, den Graben zwischen der Welt des Glaubens und des Alltags zu überwinden. Alte Glaubensformeln wurden mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit verknüpft. „Nichts fordert so viel Treue wie lebendiger Wandel“, lautet eine einleitende Selbstverpflichtung. Dieser Wandel war gewollt, und zwar als Erneuerung des Glaubens. Schon im Vorfeld der Synode beklagten viele Katholiken eine Glaubensnot, eine Unsicherheit, den christlichen Glauben zu leben. Mehr als zwei Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs war die Gesellschaft geprägt von gewaltigen Umbrüchen und Ereignissen: Vietnam-Krieg, 68er Bewegung, sexuelle Revolution und Liberalisierung. In diese Situation hinein musste der Glaube neu formuliert werden. Dazu wollten sie eine Hilfestellung.

Der schließlich wichtigste Text der Würzburger Synode „Unsere Hoffnung“ greift diesen Wunsch auf, entwirft jedoch keine Betriebsanleitung für das Christsein im Alltag. Den Grundtext verfasste Professor Johann Baptist Metz, der das Dokument durch seine politische Theologie prägte. In mehreren Bearbeitungsschritten wurde der zentrale Gedanke stärker herausgearbeitet: die Hoffnung. Mit großer Mehrheit beschlossen die Synodalen den Text am 22. November 1975: 225 Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen, 15 Enthaltungen. Er gliedert sich in vier Teile:

  • Teil I „Zeugnis der Hoffnung in unserer Gesellschaft“ ist der grundlegende und längste Abschnitt. Er behandelt einzelne Sätze des Apostolischen Glaubensbekenntnisses und entfaltet darin die Hoffnung des christlichen Glaubens. Schlagworte sind „Gott als Grund unserer Hoffnung“, „Leben und Sterben Jesu Christi“, „Auferweckung“, „Gericht und Vergebung“, „Reich Gottes“, „Schöpfung“ und „Gemeinschaft“.
  • Teil II „Das eine Zeugnis und die vielen Träger der Hoffnung“ stellt heraus, dass jeder Einzelne aufgerufen ist, die Kirche zu erneuern und sein Christsein zu leben. „Die eine Nachfolge muß viele Nachfolgende, das eine Zeugnis viele Zeugen, die eine Hoffnung viele Träger haben.“ Jeder wisse sich in einer erneuerten Kirche verantwortlich für das Zeugnis der Hoffnung. Ausdrücklich weist der Text die Amtsträger in unserer Kirche darauf hin, für die verschiedenen Formen und Träger gelebter Hoffnung und praktizierter Nachfolge offen zu sein. Die Pflicht des Amtes sei es nicht nur, die falschen Geister zu wehren, sondern auch, den oft unbequemen und spontanen Geist Gottes zu suchen.
  • Teil III nennt beispielhaft vier „Wege in die Nachfolge“. Nachfolge bedeutet die Erfahrung des Kreuzes, der Armut, der Freiheit und der Freude. Gerade die Freude müsse bei der Erneuerung deutlich werden, damit das Zeugnis der Hoffnung in unserer Gesellschaft einladend wirke.
  • Der letzte Abschnitt, Teil IV „Sendung für die Gesamtkirche und Gesamtgesellschaft“, formuliert vier vorrangige Aufgaben für das kirchliche Leben: 1. Ökumene als Einheit der getrennten Kirchen, 2. Dialog und Versöhnung mit dem jüdischen Volk, 3. Solidarität mit den armen Kirchen als Ausdruck der Katholizität, 4. Verantwortung für die gesamte Gesellschaft. „Unsere Hoffnung“ schließt sich im positiven Grundton an die Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ des Zweiten Vatikanischen Konzils an und ermutigt zum Christsein in dieser Welt.

 

Florian Kluger

 

Veröffentlicht: Florian Kluger, "Unsere Hoffnung" - ein Bekenntnis zum Glauben, in: Würzburger katholisches Sonntagsblatt Nr. 45 vom 6. November 2005, 31.